Print – Totgesagte leben länger
„Print ist tot“ gehört zu den Aussagen, die im Bewusstsein ihrer ganzen Dramatik die Ankunft einer neuen Zeit beziehungsweise die Tabula rasa eines Umbruchs verkünden wollen. „Jetzt wird alles neu. Das Alte verschwindet vollständig.“ Bill Gates war sich gar im Jahre 1998 sicher, dass schon zu Beginn des neuen Jahrtausends keine Zeitungen mehr gedruckt werden. Das können wir bis heute, rund ein Vierteljahrhundert später, in zahlreichen, selbstverständlich weiterhin gedruckten Zeitungen nachlesen. Wie bei so vielen vollmundig-absoluten Äußerungen stellt sich also auch hier heraus: Die Einschätzung ist über das Ziel hinausgeschossen; „Print ist nicht tot.“
Print steht für Qualität
Aber Print verändert sich. Es kann sogar festgestellt werden, dass die Digitalisierung Print gut getan hat. Print hat seine Position, seine Bedeutung und seinen Wert gefunden. Während Social Media, Instant-Messaging-Dienste und Ähnliches immer etwas von Flüchtigkeit und Oberflächlichkeit an sich haben, gilt Print mehr als etwas Verlässliches, Beständiges. Es fehlt die Reiz- und Informationsüberflutung durch Geflacker und nicht enden wollende Verlinkungen. Print wirkt ruhig und geordnet. Indem es den Betrachter von Anfang bis Ende durch eine Geschichte, eine Galerie, eine Zusammenstellung oder Vergleichbares führt, gibt Print ihm die Möglichkeit, sich auf das Medium zu konzentrieren. Das Erfasste bleibt dauerhafter im Bewusstsein und kann höher geschätzt werden. Das bürgt für Qualität und Verlässlichkeit.
Print wird intensiver erfahren
Dazu kommt, dass Print nicht nur wie viele digitale Medien die Netzhaut anspricht, ja, teilweise anschreit, sondern sich an- und erfassen lässt. Es vermittelt eine ruhige Stimmung. Mit Print beschäftigt man sich zur Entspannung im Sessel, im Strandkorb, im Café oder bei anderen Gelegenheiten in freien Stunden. Print ist emotional.
Die Aufmerksamkeit, die Print zuteil wird, hat auch ganz praktische Folgen: Während der Nutzer mit einem digitalen Magazin im Durchschnitt nur wenige Minuten verbringt, verweilt er mit der Printausgabe nur allzu oft eine Stunde und länger. Was sich am Bildschirm schnell durchklicken lässt, kann im gedruckten Exemplar intensiv betrachtet werden. Das gilt auch für Werbung. Viele Branchen schalten daher Anzeigen lieber in Printmedien als in ihren digitalen Pendants.
Print hat durch Digitalisierung gewonnen
Tatsächlich sind viele dieser Vorteile von Print erst durch das Aufkommen der digitalen Konkurrenz so richtig zur Geltung gekommen. Während Online die Schnelllebigkeit dominiert, stehen bei Print Hochwertigkeit und das Besondere im Vordergrund. Print wird heute bei weitem aufwendiger produziert als vor der digitalen Wende. Magazine, Kataloge, Broschüren, Visitenkarten und Co. in gedruckter Form haben sich mehr denn je zu einem Statement entwickelt. Das hat Print verändert und aufgewertet. Layout und Format haben dabei durchaus von Online-Medien gelernt und veränderten Gewohnheiten Rechnung getragen. Die Zeit der Textwüsten ist vorbei. Im Vordergrund steht eine grafische Gestaltung, die ein bildliches Erfassen ermöglicht und von Text unterstützt wird. Print lebt also nicht nur, es ist auch aufgestiegen.